Wieso es notwendig ist ein Bild von der Zukunft zu haben
Aktualisiert: 11. Feb. 2021
Du kennst vielleicht die Situation, ein Unternehmen gibt die "Zielvorgabe" aus, den Umsatz im nächsten Jahr um 20% zu steigern. Doch was bedeutet das nun für dich? Was genau kannst du tun, um dieses "Ziel" zu erfüllen?

Um gleich zu Beginn mit einer falschen Annahme aufzuräumen, Umsatz und Gewinn ist kein Ziel, sondern ein messbares Ergebnis. Ein Ziel ist ein Zustand, den du durch dein Handeln reichen kannst. Ein Ziel ist daher eine qualitative Formulierung eines Zustandes in der Zukunft. Um zu messen, wie gut du das Ziel erreicht hast, ist es hilfreich und notwendig, quantitative Ergebnisse zu formulieren.
Warum ist das so?
Sagen wir, du arbeitest im Lager eines Unternehmens und bereitest die Bestellungen für den Versand vor. Wenn dir jemand sagt, du soll helfen das Umsatzwachstum er erzielen. Es fehlt dir sicher die Vorstellung, wie du persönlich daran mitwirken kannst, den Umsatz aktiv zu steigern.
Was kannst du also konkret dafür tun?
Wir benötigen also Ansätze, um alle Mitarbeiter eines Unternehmens abzuholen, sie mit dem Unternehmen zu verbinden und ihnen das Gefühl zu geben, dass auch sie etwas zur Erreichung der Ergebnisse beitragen können.
Greifen wir nochmals die Situation von eben auf: Die Vorgabe von 20% Umsatzsteigerung. Woher kommt es, dass Umsatzsteigerung fälschlicherweise als Ziel definiert wird? Meistens resultiert das Ziel der Umsatzsteigerung, aus verschiedenen Motivationen. Du als Mitarbeiter wünschst dir regelmäßig ein höheres Gehalt. Eine Bank gewährt meist nur dann einen Kredit für Investitionen, wenn tatsächlich auch Wachstum generiert wird oder das Unternehmen damit zumindest profitabler wirst. Das Ziel kann aber auch von den Aktionären verlangt werden. Du möchtest als Aktionär schließlich auch, dass die Kurse deiner Aktien steigen oder regelmäßig eine Dividende gezahlt wird. Ich könnte dir an dieser Stelle noch weitere Motive aufzählen, die ein Umsatzwachstum notwendig machen. Wichtig ist mir aber, dass du ein Gefühl dafür entwickelst, woher solche Vorgaben stammen. Sie sind oft nicht freiwillig, sondern eher ein Zwang, den es aus den unterschiedlichsten Gründen zu erfüllen gilt.
Die Endlosschleife aus jährlicher Umsatzsteigerung soll zwar die Kreativität anregen, führt aber meist nur zu Frustration und zur Suche nach externen Gründen, wenn die V Vorgaben verfehlt werden. Du wirst damit früher oder später an den Punkt kommen und dir sagen „ich kann das ohnehin nicht beeinflussen.“ Es fehlt also der Sinn im dem Ganzen.
Was können wir nun tun?
Wenn wir ehrlich sind, machen wir doch lieber Dinge, die uns Freude bereiten. Wir beziehen also Gefühle in das Thema mit ein. Gefühle sagen uns, was uns wichtig ist. Gefühle beflügeln uns und können Kräfte freisetzen. Gefühle in Form von Ängsten können uns aber auch daran hindern Dinge zu tun.
Wie können wir nun die Vorgaben mit unseren Gefühlen verknüpfen? Wir benötigen Ziele, die für uns Menschen greifbar sind, unter denen wir uns etwas vorstellen können, sprich ein Zustand, auf den wir hinarbeiten können. Wenn wir uns etwas vorstellen, haben wir meistens ein Bild im Kopf. Und genau darum geht es: Bilder. Da Ziele in der Zukunft sind, sprechen wir von Zukunftsbildern. Zukunftsbilder projizieren unsere Gefühle in die Zukunft und vermitteln uns eine Perspektive. Und genau darum geht es, eine Perspektive zu vermitteln und Orientierung zu geben.
Die Welt wird immer mehr transparent, es prasseln täglich viele unterschiedliche Informationen, Nachrichten oder Inspirationen auf uns ein. Durch die vielen Optionen, sei es privat, schulisch oder beruflich, kann man schnell den Überblick und die Orientierung verlieren. Umso wichtiger ist es für Organisationen, Zukunftsbilder zu zeichnen und diese auch aktiv zu kommunizieren. Das gibt den Menschen die Möglichkeit sich mit einer Organisation zu identifizieren und am gemeinsamen Zukunftsbild mitzuarbeiten.
Beispiel: Deine Organisation hat das Zukunftsbild von einem müllbefreiten Planeten Erde. Das Bild beinhaltet, dass es keine Abfälle mehr gibt, die nicht wiederverwendet werden können, geschweige denn in den Weltmeeren landen. Gehen wir davon aus, du bist nach wie vor im Lager tätig und bereitest täglich die Bestellungen für den Versand vor. Bei dieser Tätigkeit hast das Zielbild einer sauberen Welt im Kopf. Wie könnte es dich nun im Alltag beeinflussen, genau an diesem Zielbild zu arbeiten? Du wirst dein tägliches Handeln und deren Auswirkungen mit dem Zielbild abgleichen und überdenken. Du wirst dir anschauen mit welchen Materialien du die Produkte verpackst. Sagen wir, du verpackst Orangen in Kunststoffnetze. Am Abend siehst du in den Nachrichten Bilder von Ozeanen, die massiv von solchen Kunststoffnetzen verschmutzt sind. Du wirst feststellen, dass diese Verschmutzung auch durch dein tägliches Handeln weiter fortschreitet und Fische darin verenden. Folglich wirst du dich dafür stark machen, dass künftig andere Verpackungen eingesetzt werden. Somit hast du deinen Beitrag zu deinem und dem Zukunftsbild des Unternehmens geleistet. Um zu messen, wie gut du dein Ziel, Umweltverträglichere Verpackungen zu verwenden erreicht hast, formulierst du ein messbares Ergebnis. Dies könnte zum Beispiel bedeuten: 80 % der Pakete werden ausschließlich mit umweltfreundlichen Materialien verpackt und versendet. Dies lässt sich im Verlauf des Jahres sehr gut messen und du weißt genau im Alltag wie du aktiv daran arbeiten kannst.
Die klassischen Zukunftsbilder von Unternehmen sind meist jedoch sehr platt und austauschbar. Sie vermitteln nicht den wahren Kern der Organisation. Sie zeichnen oft kein Bild oder nehmen keinen Bezug auf die Zukunft. Die Zielbilder spielen zudem im Geschäftsalltag meistens kaum eine Rolle, da sie von Mitarbeitenden nicht verstanden werden und nicht als Filter für die täglichen Aufgaben dienen. Nicht passende Zukunftsbilder sind zum Bespiel: „Wir sind global tätig und führen mit unseren Marken“, „Die Beste Leistung – für Kunden, Kaufleute, Mitarbeiter“ oder „Wir wollen in fünf Jahren 20 Prozent Marktanteil in unser Brache haben“. Mit diesem Zukunftsbildern wird weder ein Bild noch ein Sinn vermittelt.
Zielbilder geben emotionale Identität, ein einheitliches Selbstverständnis, richten das Denken und Handeln im Alltag auf ein Ziel aus und verbinden somit uns Menschen. Im Gegensatz dazu übertragen Zahlen keine Bedeutung und keinen Sinn. Positive und erfolgreiche Zukunftsbilder sind zum Beispiel: „Auf jedem Schreibtisch soll ein Computer stehen, der mit Microsoft Software betrieben wird“ (Microsoft, Bill Gates), „Die Informationen dieser Welt organisieren und allgemein zugänglich und nutzbar machen.“ (Google) oder „Wir wollen die besten Produkte der Welt herzustellen und die Welt besser verlassen, als wir sie vorgefunden haben“ (Apple).
Mein persönliches Zukunftsbild ist es, das Wissen der Welt noch besser zu verteilen, damit der Wohlstand auf der Welt für alle steigt und wir dabei den Planeten nicht an die Wand fahren. Aus diesem Grund schreibe ich aktuell ein Buch, zum Thema Digitale Transformation. In dem Buch werde ich mein Wissen und meine Erfahrungen (wie auch in diesen Blog-Artikel) festhalten und euch zur Verfügung stellen.
Ein Zukunftsbild kann man auch mit der Verfassung eines Landes vergleichen. Als George Washington, einer der Gründerväter und erste Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, die Verfassung unterzeichnete, hielt er selbst 390 Sklaven. Am Anfang der Verfassung stand aber im Wortlaut: „„Wir, das Volk der Vereinigten Staaten, von der Absicht geleitet, (…) die Gerechtigkeit zu verwirklichen, (…) das allgemeine Wohl zu fördern und das Glück der Freiheit uns selbst und unseren Nachkommen zu bewahren, setzen und begründen diese Verfassung für die Vereinigten Staaten von Amerika.“ Was für ein Widerspruch! Hätte zum damaligen Zeitpunkt all das schon gegolten, hätte man sich die Verfassung auch sparen können. Genau so ist es mit dem Zukunftsbild. Wir beschreiben ein Bild in der Zukunft, um unser tägliches Handeln danach auszurichten, dieses Ziel überhaupt erst zu erreichen.
Ein Zukunftsbild hat nicht nur eine interne Wirkung auf Kollegen. Auch deine Kunden nehmen deine Produkte oder Dienstleistungen lieber an, wenn sie sich mit deinem Zukunftsbild identifizieren können. Das wiederum gibt dir die Chance höhere Preise zu verlangen, die mit dem Zukunftsbild begründet sind. Beispiel: Du stehst für eine klimaneutrale Produktion und die Verwendung von recycelten Materialien. Die Produktion ist mit Ökostrom deutlich teuer und das Recyceln von Ressourcen ebenso. Entsprechend sind deine Herstellkosten auch höher, was Auswirkungen auf den Verkaufspreis deiner Produkte hat. Kunden, die sich ebenfalls für solche positiven Zukunftsbilder begeistern können, werden dir auch mehr für deine Produkte bezahlen.
Und damit sind wir wieder beim Eingangsbeispiel der Umsatzsteigerung angelangt. Umsatz ist kein Ziel, sondern ein Ergebnis! Mit Umsatz kannst du bewerten, wie gut du ein Ziel erreicht hast. Das Ziel ist aber ein qualitativer Zustand - wie eine saubere Umwelt - die man aber durch quantitative Ergebnisse sehr gut messen kann.
Fassen wir also zusammen:
Zukunftsbilder helfen dir und allen anderen Menschen die Komplexität besser zu beherrschen, zu verstehen und auch zu vermitteln. Sie geben dir und den Menschen außerdem Orientierung im Alltag. Zukunftsbilder beschreiben somit Ziele mit Bildern und verknüpfen sie mit Gefühlen. Du identifizierst dich mit einer Organisation und setzt dadurch Kräfte frei und kannst deine Aufgaben im Alltag viel besser einordnen, bewerten und priorisieren. Gleiches gilt natürlich für alle Beteiligen einer Organisation: Lieferanten, Mitarbeitende und Kunden.
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